(aktualisiert 22.04.2013)

Honorar-Anlageberater

Im Zuge der Finanzkrise versucht derzeit die Bundesregierung in Umsetzung der MiFID II die Anlageberatung auch im Bereich der Honorarberatung zu regulieren, damit die provisionsbasierte Beratung durch eine kundenorientierte Beratung ersetzt wird. Das Vorhaben ist ambitioniert und wird im Wahljahr 2013 von der Opposition als unzureichend komplett abgelehnt. Es ist deshalb unwahrscheinlich, dass das Gesetz jemals in dieser Form im oppositionsdominierten Bundesrat die Zustimmung erhält. Dennoch ist es im Grunde ein von allen Parteien gewünschtes Gesetz, das früher oder später doch kommen wird.

 

Übersicht:

  • Chronik
  • Honorar-Anlageberater
  • Freie Honorar-Finanzanlagenberater
  • Dokumente

Chronik

20.10.2011 Vorschlag der EU-Kommission MiFID II mit Provisionsverbot

26.10.2012 EU-Parlament beschließt MiFiD II ohne Provisionsverbot

21.12.2012 Bundesregierung legt Entwurf dem Bundesrat vor

01.02.2013 Bundesrat nimmt Stellung mit Änderungswünschen

06.02.2013 Bundesregierung gibt geänderten Gesetzesentwurf heraus

17.04.2013 Finanzausschuss stimmt nach Änderungen zu (nur Koalition)

 

Vorschau:

Bundestag, (Zustimmung oder Vermittlungsausschuss) Bundesrat

22.09. Bundestagswahl

Honorar-Anlageberater

Speziell für den neue Tätigkeit als Honorar-Anlageberater wurden neue Anforderungen in mehreren Gesetzen verankert. Die bisherige Regulierung der Tätigkeit als Anlageberater bleibt parallel bestehen. Honorar-Anlageberater sind Mitarbeiter oder vertraglich gebundene Vermittler von Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Sinne des KWG. "Freie", d.h. selbständig Tätige und nicht vertraglich gebundene Vermittler, können nur als "Honorar-Finanzanlagenberater" (Siehe unten) im Sinne der GewO tätig werden.

 

Änderungen des Wertpapierhandelsgesetzes WpHG (§§31, 33, 36c, 36d):

  • Vorabinformation des Kunden, dass auf Honorarbasis beraten wird
  • Zugrundelegen einer hinreichenden Anzahl von Finanzinstrumenten
  • nicht beschränkt auf nahestehende Anbieter
  • Vergütung allein durch die Kunden
  • Keine Annahme von nichtmonetären Vergütungen von Dritten
  • monetäre Vergütungen dürfen von Dritten nur angenommen werden, wenn das empfohlene Finanzinstrument oder ein in gleicher Weise geeignetes Finanzinstrument ohne Zuwendung nicht erhältlich ist. In diesen Fällen sind die monetären Zuwendungen ungemindert an die Kunden auszukehren
  • im Übrigen gelten die Anforderungen wie bei Anlageberatung
  • Aufdeckung der Verbindung zu Anbieter oder Emittent
  • Kein Festpreisgeschäft (Ausnahme: Berater ist Anbieter/Emittent)
  • Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen darf die Anlageberatung nur dann als Honorar-Anlageberatung erbringen, wenn
    • es ausschließlich Honorar-Anlageberatung erbringt oder
    • es die Honorar-Anlageberatung organisatorisch, funktional und personell von der übrigen Anlageberatung trennt
  • Vertriebsvorgaben müssen Interessenkonflikte ausschließen
  • Hinweis auf Webseite, in welchen Haupt- oder Zweigniederlassungen Honorar-Anlageberatung erbracht wird
  • Einführung eines öffentlichen Registers über Honorar-Anlageberater
  • Gesetzlicher Schutz der Berufsbezeichnung

Änderungen der WpHG-Mitarbeiteranzeigenverordnung

  • Hinweis im Beschwerderegister

Änderung der Gewerbeordnung

  • neu: § 34 h Honorar-Finanzanlagenberater

Freie Honorar-Finanzanlagenberater

Der in der Gewerbeordnung hinter nach dem § 34 f Finanzanlagenvermittler eingefügte § 34 h Honorar-Finanzanlagenberater regelt die freien Honorar-Anlagenvermittler, die eine Gewerbeerlaubnis einholen müssen und der Aufsicht des Gewerbeamtes und des örtlichen (Industrie- und) Handelskammer unterliegen. Im Einzelnen gelten folgende Anforderungen:

  • Anlageberatung im Sinne des § 1 Abs. 1 a Nr. 1 a KWG
  • für Finanzanlagen im Sinne des § 34 f Abs. 1 Nr. 1,2,3 GewO:
    • Anteilsscheine einer Kapitalanlagegesellschaft oder Investmentaktiengesellschaft oder von ausländischen Investmentanteilen, die im Geltungsbereich des Investmentgesetzes öffentlich vertrieben werden dürfen,
    • öffentlich angebotene Anteile an geschlossenen Fonds in Form einer Kommanditgesellschaft und
    • sonstige Vermögensanlagen i.S.d. § 1 Abs. 2 VermAnlG:
      • Anteile, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren,
      • Anteile an einem Vermögen, das der Emittent oder ein Dritter in eigenem Namen für fremde Rechnung hält oder verwaltet (Treuhandvermögen),
      • Anteile an sonstigen geschlossenen Fonds,
      • Genussrechte und
      • Namensschuldverschreibungen
  • nur im Umfang der Bereichsausnahme des § 2 Abs. 8 KWG
  • ohne von einem Produktgeber eine Zuwendung zu erhalten
  • oder von ihm in anderer Weise abhängig zu sein
  • Erlaubnis kann auf einzelne Finanzanlagen beschränkt werden
  • Verzicht auf Zuerlässigkeitsprüfung, Vermögensverhältnisprüfung, Sachkundenachweis und Berufshaftpflichtversicherung entfällt, wenn Erlaubnis nach § 34 f GewO vorgelegt wird.
  • Ausschluss der Tätigkeit des § 34 f Finanzanlagenvermittlers
  • Empfehlung basierend auf hinreichende Anzahl von Finanzinstr.
  • Offenlegung von Verbindungen zum Anbieter/Emittent
  • Annahmeverbot gleichzeitiger Drittzuwendungen, es sei denn, die empfohlene Finanzanlage ist ohne Zuwendung nicht erhältlich (ungekürzte Auskehrung an Kunden zwingend)
  • Drittzuwendungen müssen an Kunden ausgekehrt werden
  • Eintragung ins Vermittlerregister der IHKs
  • Anforderungen ansonsten analog § 34 f GewO
  • Eintragungsgebühr €250

Kritik am Regierungsentwurf zur Honorar-Anlageberatung

Die Opposition führt im Finanzausschuss folgende Kritikpunkte an:

  • Keine genaue Abgrenzung des Berufsbildes (SPD)
  • Kein formalisierter Sachkundenachweis (SPD)*
  • Keine Fortbildungspflicht (SPD)
  • Keine Prüfung der persönlichen Zuverlässigkeit (SPD)*
  • Keine Berufshaftpflichtversicherung vorgeschrieben (SPD)*
  • Keine Anwendung der WpHG-Wohlverhaltenspflichten (SPD)
  • Keine Ermöglichung von Nettotarifen (SPD)
  • Keine Gebührenfestlegung auf Stundenbasis (SPD)
  • Keine umsatzsteuerliche Befreiung wie bei Versicherungen (SPD)
  • Kein einheitliches Aufsichtskonzept, BaFin-Zuständigkeit (SPD)
  • Provisionsvermittler sollten sich nicht mehr Berater nennen (Linke)
  • Keine Einführung eines Finanz-TÜVs (Linke)
  • Nicht vom Verbraucher her gedacht (Grüne)
  • Fehlende Gebührenordnung (Grüne)
  • * Anmerkung: Punkte sind unzutreffend (§ 34 h Abs. 1 S. 4 GewO)

Die Koalition verteidigt den jetzigen Entwurf folgendermaßen:

  • das derzeit maximal Machbare
  • EU bereite eine Regelung zur Beratung vor
  • Deshalb ist die Versicherungsberatung nicht hier geregelt
  • Wahlfreiheit zw. Honorar und Provision soll bleiben

Dokumente