(aktualisiert 30.06.2013)

Restschuldbefreiung

Hinweis: Keine Gewähr oder Haftung für Richtigkeit und Vollständigkeit. Wir bieten weder Rechtsberatung noch Steuerberatung an. Wenden Sie sich dazu unbedingt an Ihren Berater. Die folgenden Darstellungen dienen lediglich der rein wirtschaftlichen Orientierung.


Übersicht:

 

  • Voraussetzungen
  • nicht restschuldbefreiungsfähige Schulden
  • Versagung der Restschuldbefreiung
  • Verfahren
  • Vorzeitige Restschuldbefreiung (ab 1. Juli 2014 beantragte Verfahren)
  • Wirkung
  • Widerruf
  • Steuern auf Restschuldbefreiung

Voraussetzungen:

  • Grundvoraussetzung (§ 286 InsO):
    • Nur natürliche Personen können von den
    • im Insolvenzverfahren
    • nicht erfüllten Verbindlichkeiten gegenüber den
    • Insolvenzgläubigern
    • befreit werden.
  • Nur auf Antrag des Schuldners (§ 287 InsO)
    • der mit dem Insolvenzantrag verbunden werden soll
    • bzw. nach Hinweis innerhalb von 2 Wochen gestellt wird
    • Abtretungserklärung von Dienstbezügen oder
    • an deren Stelle tretende laufende Bezüge
    • für die Zeit von 6 Jahren nach Insolvenzeröffnung
    • Hinweis auf vorherige Abtretungen erforderlich
    • abtretungsverhindernde Vereinbarungen sind unwirksam

Nicht restschuldbefreiungsfähige Schulden:

 

  • Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung
    • sofern der Gläubiger die entsprechende Forderung unter Angabe dieses Rechtsgrundes nach § 174 Abs. 2 angemeldet hatte
  • Öffentliche Geldsanktionen
    • Geldstrafen
    • Geldbußen
    • Ordnungsgelder
    • Zwangsgelder
    • solche Nebenfolgen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, die zu einer Geldzahlung verpflichten
  • Verbindlichkeiten aus zinslosen Darlehen, die dem Schuldner zur Begleichung der Kosten des Insolvenzverfahrens gewährt wurden

Versagung:

 

Wenn im Schlusstermin ein Insolvenzgläubiger die Versagung beantragt und glaubhaft macht (§ 290 InsO), wird die Restschuldbefreiung versagt:

  • Verurteilung wegen einer Straftat nach §§ 283-283c StGB
    • § 283 Bankrott
    • § 283a Besonders schwerer Bankrott
    • § 283b Buchführungspflichtverletzung
    • § 283c Gläubigerbegünstigung
    Falsche Angaben innerhalb der letzten 3 Jahre gemacht
    • vor dem Insolvenzantrag oder
    • nach dem Restschuldbefreiungsantrag
    • vorsätzlich oder grob fahrlässig
    • um einen Kredit zu erhalten
    • um Leistungen aus öffentlichen Mitteln zu beziehen
    • um Leistungen an öffentlichen Kassen zu vermeiden
  • bereits Restschuldbefreiung innerhalb der letzten 10 Jahre
    • bereits erteilt wurde
    • wegen Obliegenheitsverstosses versagt (§ 296 InsO)
    • wegen Insolvenzstraftaten versagt (§ 297 InsO)
  • Schuldner hat im letzten Jahr
    • vor Insolvenzantrag oder
    • nach dem Restschuldbefreiungsantrag
    • vorsätzlich oder grob fahrlässig
    • die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beinträchtigt durch
      • Begründung unangemessener Verbindlichkeiten
      • Verschwendung von Vermögen
      • Verzögerung des Insolvenzverfahrens ohne Aussicht auf eine Besserung seiner wirtschaftlichen Lage
  • Schuldern hat während des Insolvenzverfahrens
    • Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten
    • vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt
  • Schuldner hat im Vermögensverzeichnis
    • Angaben unrichtig oder unvollständig gemacht
    • vorsätzlich oder grob fahrlässig

Das Insolvenzgericht versagt auf Antrag des Treuhänders die Restschuldbefreiung (§ 298 InsO):

  • wenn die an diesen abgeführten Beträge
  • für das vorangegangene Jahr seiner Tätigkeit
  • die Mindestvergütung nicht decken und
  • der Schuldner den fehlenden Betrag nicht einzahlt,
  • obwohl ihn der Treuhänder schriftlich zur Zahlung binnern einer Frist von mindestens zwei Wochen aufgefordert hat und
  • ihn dabei auf die Möglichkeit der Versagung der Restschuldbefreiung hingewiesen hat.
  • dies gilt nicht, wenn die Kosten des Insolvenzverfahrens nach § 4a gestundet wurden oder
  • der Schuldner binnen zwei Wochen nach Aufforderung des Gerichts den fehlenden Betrag zahlt oder ihm dieser nach § 4a gestundet wird.

Verfahren:

 

  • Vorschlag als Treuhänder durch Schuldner oder Gläubiger
  • Gläubiger und Verwalter sind im Schlusstermin zu dem Restschuldbefreiungsantrag des Schuldners zu hören (§ 289 InsO)
  • Insolvenzgericht entscheidet durch Beschluss
  • Gegen den Beschluss steht dem Schuldern und solchen Insolvenzgläubigern die sofortige Beschwerde zu, die eine Versageung beantragt haben
  • Im Falle der Einstellung des Insolvenzverfahrens kann Restschuldbefreiung nur erteilt werden, wenn nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit die Insolvenzmasse nach § 209 InsO verteilt worden ist und die Einstellung nach § 211 erfolgt.
  • Sind keine Anträge auf Versagung der Restschuldbefreiung gestellt, so erteilt das Gericht den Restschuldbefreiungsbeschluss:
    • Schuldner erlangt Restschuldbefreiung
    • wenn er den Obliegenheiten nachkommt (§ 295 InsO)
    • und nicht die Voraussetzungen einer Versagung vorliegen
      • nach § 297 wegen Insolvenzstraftaten
      • nach § 298 wegen Nicht-Deckung der Mindestvergütung des Treuhänders
  • Versagt das Gericht nach §§ 296-298 InsO die Restschuldbefreiung, so enden die Laufzeit der Abtretungserklärung, das Amt des Treuhänders und die Beschränkung der Rechte der Gläubiger mit Rechtskraft der Entscheidung (§ 299)
  • Ist die Laufzeit der Restschuldbefreiung ohne eine vorzeitige Beendigung verstrichen, so entscheidet das Insolvenzgericht nach Anhörung der Insolvenzgläubiger, des Treuhänders und des Schuldners druch Beschluss über die Erteilung der Restschuldbefreiung (§ 300 InsO)
  • Das Insolvenzgericht versagt die Restschldbefreiung
    • auf Antrag eines Insolvenzgläubigers, wenn
      • § 296 Absatz 1 (Obliegenheitsverletzung) oder
      • § 296 Absatz 2 Satz 3 (Verweigerung der von einem Insolvenzgläubiger beantragten  Eidesstattlichen Versicherung zu Obliegenheiten und Auskünften )oder
      • § 297 (Insolvenzstraftaten nach §§ 283-283c StGB) vorliegen
  • Gegen den Beschluss über die Erteilung oder Versagung der Restschuldbefreiung ist seitens des Schuldners oder jedes Insolvenzgläubigers die sofortige Beschwerde zulässig.
  • Die Restschuldbefreiung wirkt wie folgt (§ 301 InsO):
    • gegen alle Insolvenzgläubiger,
    • auch gegen Gläubiger, die keine Forderungen angemeldet haben.
    • Die Rechte der Insolvenzgläubiger gegen Mitschuldner oder Bürgen werden nicht eingeschränkt.
    • Der Schuldner wird jedoch gegenüber Mitschuldner und Bürgen ionsoweit befreit
    • Wurde ein Gläubiger befriedigt, obwohl er auf Grund der Restschuldbefreiung keine Befriedigung zu  beanspruchen hat, so begründet dies keine Pflicht zur Rückgewähr von Erlangtem

 

Vorzeitige Restschuldbefreiung

 

Durch das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte (vom Bundesrat am 07.06.2013 gebilligt) kann Restschuldbefreiung schon früher als bisher vom Schuldner beantragt werden (§ 300 Abs. 1 Satz 2 InsO-2013):

  • sobald im Verfahren kein Insolvenzgläubiger eine Forderung angemeldet hat oder wenn die Forderungen der Insolvenzgläubiger befriedigt sind und der Schuldner die sonstigen Masseverbindlichkeiten berichtigt hat,
  • drei Jahre der Abtretungsfrist verstrichen sind und dem Insolvenzverwalter oder Treuhänder innerhalb dieses Zeitraums ein Betrag zugeflossen ist, der eine Befriedigung der Forderungen der Insolvenzgläubiger in Höhe von mindestens 35 Prozent ermöglicht, oder
  • fünf Jahre der Abtretungsfrist verstrichen sind.

Wirkung

 

Die Restschuldbefreiung wirkt wie folgt (§ 301 InsO):

  • gegen alle Insolvenzgläubiger,
  • auch gegen Gläubiger, die keine Forderungen angemeldet haben.
  • Die Rechte der Insolvenzgläubiger gegen Mitschuldner oder Bürgen werden nicht eingeschränkt.
  • Der Schuldner wird jedoch gegenüber Mitschuldner und Bürgen ionsoweit befreit
  • Wurde ein Gläubiger befriedigt, obwohl er auf Grund der Restschuldbefreiung keine Befriedigung zu  beanspruchen hat, so begründet dies keine Pflicht zur Rückgewähr von Erlangtem

 

Widerruf

 

Auf Antrag eines Insolvenzgläubigers widerruft das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung (§ 303 InsO),

  • wenn sich nachträglich heraustellt
  • dass der Schuldner einer seiner Obliegenheit vorsätzlich verletzt
  • und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger erheblich beeinträchtigt hat
  • wenn dieser Antrag des Gläubigers auf Widerruf innerhalb eines Jahres nach Rechtskraft der Entscheidung über die Restschuldbefreiung gestellt wird
  • und der Gläubiger glaubhaft macht, dass er davon im Zeitpunkt der Restschuldbefreiung keine Kenntnis hatte
  • Vor der Entscheidung ist der Schuldner und der Treuhänder zu hören

Steuern auf Restschuldbefreiung

 

Das Bundesfinanzministerium hat mit einem verfassungsrechtlich bedenklichen und möglicherweisen gesetzteswidrigen Schreiben vom 22.12.2009 zur ertragsteuerlichen Behandlung von Gewinnen aus Planinsolvenzverfahren, aus einer erteilten Restschuldbefreiung oder einer Verbraucherinsolvenz Stellung genommen und - obwohl ein Widerspruch zu den Zielen der Insolvenzordnung bestätigt wird - eventuelle Gewinne aus der Restschuldbefreiung als steuerpflichtig erklärt. Zwar würde die unkalkulierbar hohe Nachsteuer auf Antrag gestundet oder gar erlassen werden, jedoch wären die Betroffenen nach der Insolvenz sofort wieder überschuldet und insolvenzreif. Bitte wenden Sie sich ggf. an ihren Steuerberater.

 

Wegen der enormen Bedeutung für die wirtschaftliche Existenz von Unternehmern geben wir im Folgenden den Wortlaut im Original wieder:

"Im Insolvenzverfahren können natürliche Personen als Schuldner einen Antrag auf Restschuldbefreiung (§§ 286 ff. InsO) stellen, um nach einer Wohlverhaltensperiode von 6 Jahren die Befreiung von bislang gegenüber den Insolvenzgläubigern nicht erfüllten Verbindlichkeiten zu erlangen (sog. Restschuldbefreiungen). Die Restschuldbefreiung kann bei Land- und Forstwirten, Gewerbetreibenden und Selbständigen zu steuerpflichtigen Gewinnen führen. Eine vergleichbare Problematik ergibt sich auch im Rahmen des Planinsolvenzverfahrens (§§ 217 ff. InsO) und der Verbraucherinsolvenz (§§ 304 ff. InsO).

Im sog. Verbraucherinsolvenzverfahren erhalten u. a. auch Personen, die eine selbständige Tätigkeit ausgeübt haben, die Möglichkeit der Restschuldbefreiung; Voraussetzung ist u. a., dass ihre Vermögensverhältnisse überschaubar sind, d. h. im Zeitpunkt des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind weniger als 20 Gläubiger vorhanden, und dass gegen sie keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen.

Im Rahmen des Planinsolvenzverfahrens besteht die Möglichkeit, die Vermögensverwertung und -verteilung abweichend von den gesetzlichen Vorschriften der InsO durch die Erstellung eines Insolvenzplanes zu regeln. Der Insolvenzplan soll den Beteiligten (Insolvenzgläubiger und Schuldner) die Möglichkeit geben, die Zerschlagung des Unternehmens zu vermeiden und stattdessen eine Sanierung oder Übertragung des Unternehmens zu beschließen.

Die Besteuerung der Gewinne aus der Durchführung einer der vorgenannten Insolvenzverfahren steht im Widerspruch zu den Zielen der Insolvenzordnung. Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt deshalb Folgendes:

 

1. Zeitpunkt der Gewinnentstehung bei Insolvenzverfahren

Der aufgrund einer erteilten Restschuldbefreiung entstandene Gewinn stellt kein rückwirkendes Ereignis i. S. von § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 AO dar und ist damit erst im Zeitpunkt der Erteilung der Restschuldbefreiung realisiert. Gleiches gilt für Gewinne, die im Rahmen einer Verbraucherinsolvenz (§§ 304 ff. InsO) entstehen.

 

2. Steuerstundung und Steuererlass aus sachlichen Billigkeitsgründen (§§ 163, 222, 227 AO)

Das BMF-Schreiben zur ertragsteuerlichen Behandlung von Sanierungsgewinnen vom 27. März 2003 - IV C 6 - S 2140 - 8/03 - (BStBl I S. 240) ist auf Gewinne aus einer Restschuldbefreiung (§§ 286 ff. InsO) und aus einer Verbraucherinsolvenz (§§ 304 ff. InsO) entsprechend anzuwenden.

Unter den im o. g. BMF-Schreiben beschriebenen Voraussetzungen ist auch die aufgrund einer Restschuldbefreiung (§§ 286 ff. InsO) oder einer Verbraucherinsolvenz (§§ 304 ff. InsO) entstehende Steuer auf Antrag des Steuerpflichtigen nach § 163 AO abweichend festzusetzen und nach § 222 AO mit dem Ziel des späteren Erlasses (§ 227 AO) zunächst unter Widerrufsvorbehalt ab Fälligkeit (AEAO zu § 240 Nummer 6 Buchstabe a) zu stunden.

Rn. 2 Satz 2 des o. g. BMF-Schreibens (keine Begünstigung einer unternehmerbezogenen Sanierung) ist in den Fällen der Restschuldbefreiung (§§ 286 ff. InsO) und der Verbraucher-insolvenz (§§ 304 ff. InsO) nicht anzuwenden.

 

3. Fälle des Planinsolvenzverfahrens (§§ 217 ff. InsO)

Die Fälle der Planinsolvenz (§§ 217 ff. InsO) fallen originär unter den Anwendungsbereich des BMF-Schreibens vom 27. März 2003 (a. a. O.).

 

4. Anwendungsregelung

Dieses Schreiben ist auf alle offenen Fälle anzuwenden. Es wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.



Im Auftrag"