(aktualisiert 14.04.2013)

Urheberschutzkrise

Die jederzeitige Zugänglichkeit von Informationen im Internet hat auch seinen Preis. Inhalte von freizugänglichen Informationsanbietern können einfach kopiert und urheberrechtswidrig verwendet werden. Vor allem Zeitungsverlage sind durch die Onlineinformationen in ihren Printgeschäften beeinträchtigt. Eine Gruppe von Verlagen hat deshalb die Politiker gewonnen (Koalitionsvereinbarung der CDU-FDP 2009) und schließlich das Leistungsschutzgesetz erhalten. Andere gehen mit Hilfe skrupelloser Abmahnkanzleien gegen unerwünschte Zitate vor.

 

Übersicht:

  • Leistungsschutzrecht - Das Gesetz
  • Leistungsschutzrecht - Das Echo
  • GEMA versus YouTube

Leistungsschutzrecht - Das Gesetz

Am 22.03.2013 bewilligt der Bundesrat das von der Bundesregierung vorangetriebene Leistungsschutzrecht in der Form des Siebentes Gesetzes zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes:

 

"Der Hersteller eines Presseerzeugnisses (Presseverleger) hat das ausschließliche Recht, das Presseerzeugnis oder Teile hiervon zu gewerblichen Zwecken öffentlich zugänglich zu machen, es sei denn, es handelt sich um einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte.“

 

Der Rechtsausschuss des Bundestages begründet das Leistungsschutzrecht in der Bundestags-Drucksache 17/12534 folgendermaßen:

"Die Empfehlung soll sicherstellen, dass Suchmaschinen und Aggregatoren ihre Suchergebnisse kurz bezeichnen können, ohne gegen Rechte der Rechteinhaber zu verstoßen. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs mit Blick auf das Leistungsschutzrecht für Tonträgerhersteller (Urteil „Metall auf Metall“ vom 20.11.2008, Az. I ZR 112/06) soll hier gerade keine Anwendung finden. Einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte, wie Schlagzeilen, zum Beispiel „Bayern schlägt Schalke“, fallen nicht unter das Schutzgut des Leistungsschutzrechtes. Die freie, knappe aber zweckdienliche Beschreibung des verlinkten Inhalts ist gewährleistet. Suchmaschinen und Aggregatoren müssen eine Möglichkeit haben, zu bezeichnen, auf welches Suchergebnis sie verlinken. Insofern gilt der Rechtsgedanke der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Vorschaubildern („Vorschaubilder I“, Urteil vom 29.04.2010, Az. I ZR 69/08; „Vorschaubilder II“, Urteil vom 19.10.2011, Az. I ZR 140/10)."



Leistungssschutzrecht BReg-Entwurf -14.11.2012
Leistungsschutzrecht BReg-Entwurf 171147[...]
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Leistungsschutzrecht BTag 01.03.2013 BRat 22.03.2013
Leistungsschutzrecht BTag nach Rechtsaus[...]
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Fraglich bleibt, ob der Bundespräsident das Gesetz ratifizieren wird, nachdem die EU-Kommission das Gesetz noch prüft.

Leistungschutzrecht - Das Echo

Die deutsche Presselandschaft ist gespalten. Folgende Publikationen - so wie Corporate Control CCU auch - verzichten derzeit auf das Leistungsschutzrecht:

  • Heise - 04.03.2013
  • PC-Welt - 05.03.2013
  • Spiegel Online - 22.03.2013
  • Stiftung Warentest - 27.03.2013

Zu den Anwendern des Leistungsschutzrechts gehören:

  • Axel Springer Verlag (Initiator)
  • Hubert Burda Media (Initiator)

Zu ihrem Standpunkt zum Leistungsschutzrecht haben sich unter anderen noch nicht geäußert, was eine stille Befürwortung oder Anwendung vermuten lässt:

  • Bertelsmann Verlag
  • Frankfurter Allgemeine Zeitung Verlag
  • Gruner & Jahr Verlag
  • Handelsblatt Verlagsgruppe
  • Süddeutsche Zeitung Verlag
  • Zeit Verlag Gerd Bucerius

Der Direktor der Organisation Knowledge Ecology International KEI, James Love, zeigt kein Verständnis für den deutsche Sonderweg, aus folgenden Gründen:

  • ggf. Verletzung der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst vom 24.07.1971 (Artikel 2 Absatz 8 "Einschränkung für tagesaktuelle Nachrichten")
  • ggf. Verstoß gegen das GATT Zoll- und Handelsabkommen

Auch die EU-Kommission prüft momentan das Gesetz, das noch im Ausarbeitungsstatus hätte vorgelegt werden müssen und so möglicherweise EU-widrig ist.

Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst vom 24.07.1971
Berner Übereinkunft zum Schutz von Werke[...]
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GEMA versus YouTube

Ursache:

Die Lizenzvereinbarung zwischen Youtube (Google) und der GEMA lief am 31.03.2009 aus. Die GEMA verlangt weitaus höhere Gebühren, die in einer öffentlichen Preisliste hinterlegt sein sollen. Im Vergleich zu UK sind die Forderungen der GEMA 50 mal höher. Das ist wirtschaftlich nicht tragbar.

Auswirkung:

Wer im Internet aktuelle Musikvideos ansehen möchte, stößt auf einen traurigen Smiley und die Worte:

"Leider ist dieses Video, das Musik von UMG beinhaltet, in Deutschland nicht verfügbar, da die GEMA die Verlagsrechte hieran nicht eingeräumt hat.

Das tut uns leid."

 

Leid tut dies aber nur Leuten, die mit einer IP aus deutschem Raum sich einwählen. Nach Erhebungen sind in Deutschland ca. 60% der tausend beliebtesten Videos durch Youtube gesperrt, während nur rund 8% tatsächlich Lizenzprobleme hätten.

Chronik des GEMA-Streites:

31.03.2009 Gema sperrt Musikvideos in Deutschland nach Vertragsablauf

27.08.2010 LG Hamburg weist Einstweilige Verfügung gg Youtube ab

15.06.2011 Youtube erklärt Verhandlungen für gescheitert

15.07.2011 Gema verurteilt Sperrhinweise für ausländische Künstler

20.04.2012 LG Hamburg: Youtube haftet, Fingerprints erforderlich

21.05.2012 Gema legt beim OLG Hamburg Berufung ein

10.01.2013 Gema reicht Anträge bei Schiedsstelle ein

28.01.2013 Gema: Unterlassungsklage LG München w Sperrhinweis

31.01.2013 Gema plant €1,6 Mio Klage w 1000 Musiktiteln

19.03.2013 Gema: Problem ist die geforderte Geheimhaltung des Tarifs